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Sophie Ley: Schloss Freudental, Kreidezeichnung (o.J.)

Schloss Freudental

Das Schloss erwartet seine Gäste
So reich geschmückt, dass sanfte Augen übergehn:
Nicht nur zu einem Tanz- und Freudenfeste,
Nein, auch zu einem lang erhofften Wiedersehn.

Die Rose schlief in kühler Vase,
Die schlanke Kerze stand noch unentzündet da,
Als fein gedeckt schon, Silber nächst dem Glase,
Ein helles Schweigen durch die stillen Räume sah.

Doch überm Warten wurd es Abend
Und draußen dämmerte des Herbstes frühe Nacht:
Des Tages Mühsal unter Dunst begrabend
Zieht diese prächtig auf, im Schloss wird Licht gemacht.

Holzflämmchen, geh von Docht zu Dochte,
Heiß alle Kerzen rings an Häupten schön zu sein!
Ihr Glanz strahlt aus: Was kein Geschenk vermochte,
Heut teilen wir verzaubert ihren warmen Schein.

Ihr goldnes Feuer schönt die Wangen,
Der Frauen Augen, größer, leuchten schwarz und tief,
Vom Abend haben sie die Glut empfangen,
Wer ist‘s, der uns so spät im Jahr zusammenrief?

Musik erklingt, die Tänze reifen,
Die lieben Freunde tanzen zierlich Menuett,
Sie tanzen schön, die langen Kleider streifen
Anmutig gleitend über schimmerndem Parkett.

Und dann, die altvertrauten Klänge,
Erinnerung und Wehmut über jedem Ton!
Ergreift uns ganz, Saal, Treppenhaus und Gänge,
Wir tragen heute mehr als einen Schatz davon.

Kehrt wie die Sterne ewig wieder,
Die droben überm Schloss jetzt mitternächtlich stehn,
Durch Wolkenlücken schauen sie hernieder,
Ihr mögt verblassen, nimmer sollt ihr ganz vergehn!

©Wolfregen