Schlagwörter
Augenblick, Corona, Covid-19, Dichtung, Gedicht, Gedichte, Lyrik, Poesie, Shutdown, Stille, Verse, Zwiespalt

Georg Dehn: Straßenansicht in einem süddeutschen Städtchen (spätestens 1904)
Die große Stille
Still, alles still, wie seit Jahren nicht mehr,
Ach, wenn’s doch noch länger so stille wär!
Man hört die Vögel am Tage singen,
Die Glocken hört man ungestört klingen.
Die Plätze, die Straßen, die Gassen leer,
Kein Laden geöffnet hier ringsumher,
Die Leute schweigen, sie bleiben zuhause,
Wie wohltuend wirkt ihre Daseinspause.
Die Spinne am Fenster, sie webt ihr Netz
Ganz ungehindert nach altem Gesetz,
Vom Himmel leuchtet die Sonne beglückend
Und doch wirkt es irgendwie auch bedrückend.
Still, alles still, wie seit Jahren nicht mehr,
Ach, wenn es noch länger so stille wär:
Man wähnt sich haltlos mit aller Habe
Gelähmt in einem offenen Grabe…
©Wolfregen