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Das poetische Zimmer

~ ein Raum voller Lyrik, Gedichte, Poesie

Das poetische Zimmer

Kategorien-Archiv: Dunkle Stimmen

In jeder Raunacht vor Neujahr…

09 Sonntag Dez 2018

Posted by Wolfregen & Constanze in Dunkle Stimmen, Winterklang, Wolfregens Winkel

≈ 13 Kommentare

Schlagwörter

Ballade, Dichtung, Gedicht, Gedichte, Lyrik, Märchen, Poesie, Raben, Schloss, Verse, Wald, Winter

Caspar David Friedrich: Schneehügel mit Raben (o.J.)

Das weiße Schloss

Im Zornwald steht ein weißes Schloss,
Man kann es schwer nur finden,
Am Eingang scharrt ein böses Ross,
Wen’s ansieht, muss erblinden;
Ein tiefes Wasser schließt drumher,
Hat lang schon keine Brücke mehr,
Nur wenn der Teich gefroren,
Tritt ein man ungeschoren.

Sie hören’s, wissen sich verschont,
Der Bruder und die Schwester,
Von sieben Raben sei’s bewohnt,
Sie glauben’s umso fester;
Die können sprechen weis und wahr
In jeder Raunacht vor Neujahr,
Kaum liegt nun Reif am Morgen,
Gehn sie, sich Rat erborgen.

Kein Pferd am Schlosstor hält sie fern,
Das Eis hat auch getragen,
Die sieben Raben geben gern
Frei Antwort auf drei Fragen:
Dies nicht zu wissen, macht uns bang,
Sagt, leben unsre Eltern lang?
Ihr werdet’s heut noch sehen,
Müsst aus dem Wald nur gehen!

Der Bruder und die Schwester war’n
Kaum fern von Waldes Wegen,
Da trägt man auf zwei schwarzen Bahr’n
Die Eltern tot entgegen;
Sehr traurig kehren sie zurück
Und fragen nun mit wehem Blick:
Ob wenigstens, ihr Raben,
Wir zwei uns lang noch haben?

Die hüpfen her und tuscheln leis
Und senken ihre Schnäbel:
Dann geht hinaus aufs dünne Eis,
Grad lichtet sich der Nebel!
Verängstigt schleicht das Schwesterlein
Und bricht auf dünnster Stelle ein,
Tut augenblicks versinken
Und jämmerlich ertrinken.

Ihr Bruder, der nicht helfen konnt,
Am Ufer steht alleine,
Starrt in den aufgebrochnen Grund
Im trüben Sonnenscheine:
Die letzte Frage, die ich hab,
Dann stoßt auch mich ins nasse Grab,
War’s vorbestimmt zu sterben?
Stürzt ihr uns ins Verderben?!

Die schwarzen Vögel sprechen nicht,
Es scharrt das Ross stattdessen,
Dem Bruder nimmt’s das Augenlicht,
Das er so frech besessen;
Im Zornwald irrt er, blindgemacht,
In ewig langer, dunkler Nacht,
Dann fängt es an zu schneien,
Kein Wandrer hört sein Schreien…

©Wolfregen

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Zwei schwarzverhängte Gondeln…

27 Donnerstag Sep 2018

Posted by Wolfregen & Constanze in Dunkle Stimmen, Nocturne, Venezianische Symphonie, Wolfregens Winkel

≈ 7 Kommentare

Schlagwörter

Dichtung, Gedicht, Gedichte, Gondel, Lyrik, Nacht, Poesie, Tod, Venedig, Vergänglichkeit, Verse

Gustave Marissiaux: Nuite Venitienne (1905)

Begegnung in Venedig

Nacht ist, sie fraß die bleichen Reste,
Die Tages Goldrad spann,
Ernst blicken Fenster und Paläste
Ihre Betrachter an.

Der Mond hält seine trübe Lampe
Tief in die Häuserschlucht,
Nicht weit spielt jemand traurig Gambe,
Im Wasser schwankt die Bucht.

Zwei schwarzverhängte Gondeln gleiten
Vor hohem Kuppelbau,
Ein Bild wie aus barocken Zeiten:
Verschleiert eine Frau.

Die schaut, als sie vorüberfahren,
Sehr lange zu mir her,
Die zweite Gondel, gleich an Jahren,
Die ist dahinter leer.

Nun endet auch mit stummer Träne
Des Gambenspielers Lied,
Seh wie das Paar lackschwarzer Kähne
Dort um die Ecke zieht.

Bin froh, dass ich nicht eingestiegen
In heller Dunkelheit,
Würd jetzt in einem Sarge liegen
In enger Ewigkeit…

©Wolfregen

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Erschießen, Erhängen…

01 Dienstag Mai 2018

Posted by Wolfregen & Constanze in Dunkle Stimmen, Tante Lotte erzählt, Wolfregens Winkel

≈ 9 Kommentare

Schlagwörter

Bonlanden, Dichtung, Erinnerung, Gedicht, Gedichte, Heimat, Lyrik, Poesie, Suizid, Tod, Uhlbergturm, Verse

Édouard Manet: Le Suicidé (ca. 1877)

Tante Lotte erzählt vom Suizid

In Bonlanden gab es früher
Drei Arten, sich umzubringen:
Erschießen, Erhängen,
Vom Uhlbergturm springen…

„Der blind‘ Hans is mit sei‘m Hund
Immer im Wald spaziera ganga,
Der wollt mal net weiter, hat dauernd bellt,
Na hat ma schließlich festgestellt,
Dass einer tot am Ast gehanga.“

„Der Onkel Harold hat d’Oma
Früh schlafa g’schickt an dem Tag
Und ‘s Emile Milch hola, wenn se mag,
Na hat er sich oba eingeschlossa
Und vorm Spiegel erschossa.“

„Wollt ma nimmer leba,
Hat‘s immer drei Arta geba:
Erschießa, Erhänga,
Vom Uhlbergturm springa.“

„Später is dann die Aichtalbrück komma,
Na hat ma sich au dort das Leba g‘nomma…“

©Wolfregen

PS: erneut einige Übersetzungsversuche ins Hochdeutsche:
„der blind‘ Hans“=ein Blinder mit dem Vornamen Hans, „is mit sei’m“=ist mit seinem, „spaziera ganga“=spazieren gegangen, „wollt mal net“=wollte einmal nicht, „na hat ma“=dann hat man, „gehanga“=hing, „d’Oma“=die Oma, „schlafa g’schickt“=schlafen geschickt, „’s Emile Milch hola“=seine Frau Emilie Milch holen, „se“=sie, „na hat er sich oba eingeschlossa“=dann schloss er sich oben in einem Zimmer ein, „erschossa“=erschossen, „leba“=leben, „Arta geba“=Arten gegeben, „Erschießa, Erhänga“=Erschießen, Erhängen, „springa“=springen, „is dann die Aichtalbrück komma“=wurde dann die Aichtalbrücke gebaut, „na hat ma au“=dann hat man auch, „das Leba g‘nomma“=das Leben genommen

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Als die Nächte noch dunkel waren

08 Sonntag Apr 2018

Posted by Wolfregen & Constanze in Dunkle Stimmen, Tante Lotte erzählt, Wolfregens Winkel

≈ 14 Kommentare

Schlagwörter

Bonlanden, Dichtung, Erinnerung, Flugzeugabsturz, Gedicht, Gedichte, Haberschlai, Heimat, Lyrik, Poesie, Verse, Zweiter Weltkrieg

Paul Baum: Waldrand mit Vorfrühlingswiese (1893)

Tante Lotte erzählt von früher

Der Vater gefallen, die Mutter allein,
Vier Kinder, den Ältesten zog man noch ein…
Mit Staunen und Ehrfurcht sitzt man daneben,
Erzählt Tante Lotte aus ihrem Leben.

„Mit Mutter nach Freiburg g’fahrn, ins Lazarett,
Sei‘ Rücka ganz aufg’schossa, lag er im Bett,
Sind grade no rechtzeitig zu nem komma,
Da hat ihn der Herrgott scho zu sich g’nomma.“

Im Krieg dann auch nächtelang Fliegeralarm,
Von Bonlanden sah man den tödlichen Schwarm,
Der leuchtend auf Stuttgart niedergegangen,
’s Inferno hat grauslich schön angefangen…

„Der Krieg hat älle b’schissa,
Han viel erleba müssa,
Han selber d‘Witwenschaft g’schmeckt
Und zwoimal is‘ Geld verreckt.“

„Wollt mi nach Dachau bringa,
Weil keine Fahna hänga,
Nachts g’holt hen sen Vater mal,
Zwei Wocha Ung’wissheit, Qual.“

„Kaum dass die Heirat g’wesa,
Musst i die Nachricht lesa,
Koi Mann und koi Vater meh‘,
‘s tut immer no älles weh.“

‘Schnell raus aus dem Keller‘, stand immer offen,
Ein feindlicher Bomber, den d‘Flak getroffen,
Am Kirchturm vom brennenden Flügel gekürzt,
Wär beinah ins Haus, in die Roggagass g’stürzt.

‘Helf, helf‘ hend se laut im Haberschlai g’schria,
Mit Fallschirm‘ sind’s raus mit letztem Bemüha,
Das Heck hing am Nachbarhaus, grad vis-à-vis,
Ein Bordschütze drin no, vergiss i au nie.

Den hend’s an de‘ Füß dann die Trepp ra’zoga
Und jedes Mal hat er da‘ Kopf ang’schlaga,
Wo d’andre Pilota so schlimm g‘storba sind:
Die Muld am Wacholder ma heute no find‘t…

©Wolfregen

PS: was Lotte „mitmachen“ musste:
Tod des Vaters am 15.05.1940 in Freiburg, fünf Tage zuvor war er auf dem Kasernenplatz von Bordwaffen eigener Flugzeuge, die irrtümlich Freiburg angegriffen hatten, tödlich verwundet worden;
der Ortsgruppenleiter drohte mit Dachau, weil sie keine „Hitlerfahne“ am Haus aufhängen wollte (wörtlich: „hätt‘ grad Lust, di‘ nach Dachau zu bringa“), schon der Vater war einmal nach der „Machtübernahme“ für zwei Wochen verschleppt worden;
der ältere ihrer beiden Brüder wurde mit 17 Jahren eingezogen und geriet in Gefangenschaft, aus der er erst lange nach dem Krieg zurückkehrte;
Absturz eines kanadischen Bombenflugzeuges in der Nacht zum 25.07.1944 in Bonlanden, keiner der Insassen überlebte, zwei versuchten noch mit dem Fallschirm abzuspringen, verunglückten aber auf der nahen Wacholderheide (Haberschlai) tödlich;
ihr erster Mann fiel noch kurz vor Kriegsende im April 1945 bei Berlin

Wieder einige Übersetzungshilfen: „g’fahrn“=gefahren, „sei‘ Rücka ganz aufg’schossa“=den Rücken von oben bis unten aufgeschossen, „no“=noch, „zu nem komma“=zu ihm gekommen, „scho g’nomma“=schon genommen, „älle b’schissa“=alle betrogen, „han“=ich habe, „erleba müssa“=erleben müssen, „d‘Witwenschaft g’schmeckt“=Witwenschaft erleben müssen, „zwoimal is‘ Geld verreckt“=zweimal ist das Geld entwertet worden, „mi“=mich, „bringa“=bringen, „Fahna hänga“=Fahnen hängen, „g’holt hen sen mal“=einmal wurde er mitgenommen, „zwei Wocha Ung’wissheit“=zwei Wochen lang Ungewissheit, „g’wesa“=gewesen, „lesa“=lesen, „koi“=keinen, „meh‘“=mehr, „no älles“=noch alles, „d‘Flak“=die Flak (Flugabwehrkanone), „in die Roggagass g’stürzt“=auf die Roggenstraße gestürzt, „hend se“=haben sie, „g’schria“=geschrien, „sind’s“=sind sie, „Bemüha“=Bemühen, „vergiss i au nie“=vergesse ich auch nie, „hend’s an de‘ Füß die Trepp ra’zoga“=sie zogen ihn an den Beinen die Treppe herunter, „da‘ Kopf ang’schlaga“=mit dem Kopf aufgeschlagen, „d’andre Pilota“=die anderen Piloten, „g‘storba“=gestorben, „Muld“=Mulde, „ma“=man, „no find‘t“=noch finden kann

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Was die Ahnen erlebt und erlitten…

19 Montag Mrz 2018

Posted by Wolfregen & Constanze in Dunkle Stimmen, Tante Lotte erzählt, Wolfregens Winkel

≈ 2 Kommentare

Schlagwörter

Aberglaube, Ballade, Dichtung, Gedicht, Gedichte, Kaulfuß, Lyrik, Nacht, Poesie, Psi-Phänomen, Spukgeschichte, Verse

Johann Heinrich Füssli: Nachtmahr (um 1781)

Die Heimsuchung

Unten hört man Mutter nähen, abends, wenn es still im Haus,
Hört das Riemenrad sich drehen, sonst sind alle Lichter aus.
Die Spule surrt, die Nadel rauscht, Fäden schneidet sie und tauscht:
Nein, das Wippen kann nicht stören, wohl tut‘s, ihr so zuzuhören.

Warmer Fleiß erfüllt die Stube, strahlt hinauf bis unters Dach,
Dort liegt bleich wie ihre Puppe auch das Töchterlein noch wach.
Die Kammer ist nicht ausgebaut, hörbar ist der kleinste Laut,
Ob von drunten oder draußen, Schindeln knacken, Winde sausen…

„Hört sie auf?!“- Nein, sie näht weiter; jedes Mal ein böser Schreck,
Wird der schmale Streifen breiter, löscht sie‘s Licht und geht dann weg.
Ein Weilchen näht die Mutter noch, flickt zwei Socken, stopft ein Loch.
Hilflos fühlt es sich, verletzlich – jetzt ist’s dunkel worden plötzlich!

Alles still

Sitzt sie an der Nähmaschine weit bis in die späte Nacht,
Hat, das weiß nicht die Alwine, auch der Böse keine Macht.
Solang das Licht dort unten brennt, wagt er sich nicht an das Kind,
Doch sobald es ausgegangen, wird er nahen, nach ihm langen…

„Näh no bissle, sonst kommt’s wieder, was mich hier im Dunkeln quält!“,
„Ungern legt sich’s Kindle nieder, glaubst du, was es uns erzählt?“
Der Vater rätselt noch, schläft ein, Mutter bangt, ’s mög Ruhe sein,
Doch die hat man lang schon nimmer, etwas Drittes ist im Zimmer!

Still, kein Laut mehr, nur ein Pochen: ängstlich ist’s das eigne Herz.
All dies geht jetzt zwei, drei Wochen, wenn’s früh dunkel wird, dann plärrt’s.
Wer ist’s, der nach dem Kinde schielt, ihm den Schlaf, die Ruhe stiehlt?
„Welche Satan‘ lend’s net schlafa, wolla oder müssa’s strafa?!“

Es fängt wieder an

Jeds Mal gleich, beginnt’s mit Knarren, hinterm Wandschrank, unterm Bett,
An die Läden, Dielen, Sparren hängt sich’s dann, als säg ein Brett.
Ein hohles Scherren dann wie Mäus von der Stiege her, der Speis,
Bis sie ganz heran sich wagen und das Kindlein selber plagen.

Übers Dach weg ziehen Ketten und ein Flattern heiß im Raum,
Hin und her, und über Betten hin zum Herzen schleicht’s wie Flaum.
„Wilhelm, guck, wie’s no scho daliegt, ebber will, dass es verstickt!
Wenn mir zwoi des Kindle möga, müssa mir uns zu ’nem lega!“

Das geschieht, doch blass sind beide, er vor Zorn und sie vor Schreck,
Beizustehn dem Kind im Leide ist der ohnmächtige Zweck.
Noch kaum gewärtig, wo und wie, fährt’s dem Vater dumpf ans Knie,
Dass ein Fleck ihm bleibt, ein blauer: da erst überkommt ihn Schauer!

Die letzte Hoffnung

Einer kann den Geistern wehren, die dem Kinde Übles tun:
„Gang zum Kaulfuß ’naus, sie zehren es sonscht auf, die lend’s net ruhn!“-
„Nach Bempflingen?“- „Ja, Weib, dorthin, der, heißt’s, hat den sechsten Sinn,
Der steht über den Daimonen, sieht, wenn sie im Hause wohnen!“

„Einer Hebamm z’Weidach oba, der ma d’Kinder z’Tod hat g’wiegt,
Hat er leicht das Bett verschoba, so den bösa Geischt besiegt.
`Die Erscht, die dir verkommt, wenn’s tagt, ischt es, die die Kindlein plagt‘:
Angesprocha, musst se weicha – s‘wird dem unsrer Lotte gleicha!“

Unsereins mag manches lernen, in den Urgrund sehn wir nicht,
Was in dem Verborgnen, Fernen aufwächst, schaut kein Tageslicht.
Vom bösen Geist, von Ferngewalt hat man dürre Worte halt,
Nicht Vernunft kann hierfür taugen – Kaulfuß aber sieht’s mit Augen!

Alwine beim Kaulfuß

„Hat dei Mann im Dorf wo Schulda, liegt ein Fluch, ein Zwang auf ihm?“-
„Wa mir mitmacha und dulda, na, s’ischt also mehr wie schlimm!“-
„Willsch sehn? Dann schausch in Spiegel dort, wer die bös Frau isch im Ort.“-
„Lebtag will i sell net schaua, s‘tät mi wie vorm Teufel graua!“

Eingefurcht die Denkerstirne, sieht er jetzt noch finstrer aus,
Folgt dem schmalen Geisteszwirne bis in das verhexte Haus.
Hier steht’s: gleich fangen Felder an, Kaulfuß ist ein Bauersmann,
Kann nicht zaubern, ’s nur besprechen, doch den Fluch, den will er brechen.

„Nimm den Spruch mit aus der Bibel, näh‘n ins Kopfkissen mit ei,
Unser Heiland schirmt das Übel, nächscht Nacht wird scho ruhiger sei.“-
„Wa bin i schuldig?“- „Nichts, Weib, nichts, er befiehlt mir, i verricht’s:
Er ist Quelle allen Segens, wir empfangen‘s nur und pflegen’s.“

Wieder in Bonlanden

„Was?! Im Spiegel konnt mer‘s seha?!“- „Noi, mir wurd so eng, so klamm.
Sag, hosch du wo Schulda steha?“- „Ja, im Unterdorf, im Lamm…
Die kecht’s erscht sei, die Hex, die alt; mit der Axt na, woiß i’s bald…!“
W(..) Wilhelm sagt’s entschlossen (einen hat er schon erschossen).

Noch brennt Licht in ihrer Schenke, zwei, drei sitzen mit am Tisch,
Fährt die Tür auf: und die Bänke wackeln jetzt schon, dann wird‘s frisch.
„So, Lammwirtin, du siehscht, i komm, und du weißscht ja au, warom –
Da, nemm’s Geld, und eines sag’e: Lass mei Kind in Ruh, sonscht schla’de!“

„Böse‘ Leut muss man’s entdecka“, Kaulfuß‘ Wahrspruch hat gewirkt.
„Die alt Schindmähr soll verrecka“, beinah hätt er sie erwürgt.
Wie herb auch Rosskurs Warnung sei, seither ist der Spuk vorbei,
Niemand tappt mehr auf der Bühne, steht im Dunkeln, fordert Sühne.

©Wolfregen

PS: Diese „dunkle Stimme“ führt zurück ins letzte Jahrhundert, ins Schwäbische Ende der 20er Jahre, alles hat sich so zugetragen; da man schon damals alles konnte außer Hochdeutsch, nun einige Übersetzungshilfen für unsere norddeutschen Freunde:
„no bissle“=noch ein wenig, „plärrt’s“=weint es, „lend’s net schlafa“=lassen es nicht schlafen, „wie’s no scho“= wie es nun schon, „ebber“=jemand, „verstickt“=erstickt, „mir zwoi“=wir zwei, „zu ’nem“=zu ihm, „gang“=geh, „sonscht“=sonst, „Daimonen“=Dämonen, „z’Weidach oba“=oben in Weidach, „ma“=man, „z’Tod hat g’wiegt“=zu Tode gewiegt, „Geischt“=Geist, „die Erscht, die dir verkommt“=die Erste, die dir begegnet, „wa mir mitmacha“=was wir erleben müssen, „na, s’ischt also mehr wie schlimm“=das ist wirklich mehr als schlimm, „lebtag will i sell net“=das möchte ich niemals im Leben, „s’tät mi“=das würde mich, „näh’n…mit ei“=nähe ihn…mit ein, „nächscht Nacht“=die nächste Nacht, „i verricht’s“=ich führe es aus, „konnt mer’s seha“=konnte man es sehen, „noi=nein, „hosch du“=hast du, „die kecht’s erscht sei“=die könnte es sogar sein, „mit der Axt na, woiß i’s bald“=mit einer Axt hinunter (zu ihr), werde ich es herausbekommen, „weißscht ja au, warom“= wirst du auch wissen, weshalb, „nemm’s Geld“=nimmt das Geld, „sag’e“=sage ich, „sonscht schla’de“=andernfalls schlage (ich) dich, „böse‘ Leut“=bösen Menschen, „Schindmähr“=Schindmähre (Schimpfwort für eine bösartige alte Frau)

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Laut predigend zog er dahin…

02 Freitag Feb 2018

Posted by Wolfregen & Constanze in Dunkle Stimmen, Großstadtelegie, Wolfregens Winkel

≈ 17 Kommentare

Schlagwörter

Dichtung, Erinnerung, Gedicht, Gedichte, Leben, Lyrik, Poesie, Stadt, Verse, Wahnsinn, Wanderprediger, Zeitgeist

Foto: ©Rizzo, Marktstätte in Konstanz, Quelle: commons.wikimedia.org

Der Wanderprediger

In der Fußgängerzone sah ich ihn
Von Konstanz und später in Freiburg wieder,
Laut predigend zog er dahin,
Stehenzubleiben vermied er;
Die Leute sahen ihm schweigend nach,
Während er weiter unbeirrt sprach.

Überragte sie alle um einen Kopf,
Wirr war sein Haar, doch klar seine Stimme,
Die meisten dachten wohl: armer Tropf,
Mir schien er voll ratlosem Grimme;
„Heiß wird der Sommer“, sagte er,
Und manches Wunderliche mehr.

Durch welche Wüste von Innenstadt
Mag heute der Einsame gehen,
Ich habe ihn nie mehr gesehen,
Ob er noch Worte wie damals hat?
Oder lebt in einer Psychiatrie,
Predigt den Wänden und starrt auf sie…

©Wolfregen

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Die Wolken aber drohen Ungemach…

21 Donnerstag Sep 2017

Posted by Wolfregen & Constanze in Dunkle Stimmen, Leise Gedanken, Posse, Burleske, Wolfregens Winkel

≈ 9 Kommentare

Schlagwörter

Dichtung, Gedicht, Gedichte, heile Welt, Lyrik, Poesie, Satire, Sturm, Unheil, Verse, Vorgarten

Foto: ©unbekannt, Quelle: commons.wikimedia.org

Der Sturm

Ein Vorgartenidyll der Skalenstärke
„Unfassbar kitschig, aber wunderschön“:
Schneewittchen, Bambi und die sieben Zwerge,
Die vor Kleinschwanstein eng im Halbkreis stehn.

Gemäht wird wöchentlich der kurze Rasen,
Kein Hälmchen wage sich hervor zu weit!
Wie ordentlich sie Laub und Zweiglein lasen –
Verbildlichter Triumph der Spießigkeit.

Die Wolken aber drohen Ungemach,
Ganz furchtbar dunkel wird es von Südwesten,
Es stürmt und regnet schon und lässt nicht nach,
Es sieht nicht gut aus für den Schlaf, den festen!

Die kitschig heile Welt, die spült es weg
Zu einem nassen, schwarz verschlammten Haufen,
Das feige Jammern hat doch keinen Zweck,
Das schöne Wetter könnt ihr euch nicht kaufen…

©Wolfregen

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Mit dem Gesicht zur Wand!

09 Freitag Jun 2017

Posted by Wolfregen & Constanze in Constanzes Alkoven, Das Flüstern der Dinge, Dunkle Stimmen, Leise Gedanken

≈ 10 Kommentare

Schlagwörter

Dichtung, Fotografie, Gedicht, Gedichte, Krumau, Lyrik, Massentourismus, Poesie, Verse, Weltkulturerbe, Zeitgeist

Foto: Český Krumlov (Krumau an der Moldau) in Südböhmen / Tschechien; seit 1992 UNESCO-Weltkulturerbe; ©Constanze

~ Stadtgesicht (II): Krumau heute ~

Sie scheint wie unberührt im Strom der Zeit,
umflossen ganz vom Wellengang des Lebens,
doch wenn du hinsiehst, trägt sie nur ihr Kleid
aus Jugendtagen, seelenlos
und maskenhaft ihr alterndes Gesicht
unterm Behang von Kitsch und nicht vergebens
das Mühn, Bewundrer anzulocken
mit etwas Putz und falschen Klunkern.
So gibt sie sich mit kaltem Schoß
wie eine Dirne, offenherzig, groß,
allzeit bereit, sie anzuflunkern
mit dem geschmacklosen Gericht
von Billigfraß und Sirupschicht.
Man dankt es ihr und legt sie trocken
wie ein Vampir, der aussaugt nimmersatt
den letzten Tropfen Blut aus Adern,
bis sie dahinsiecht eines Tags ganz matt.
Wer möcht mit solchem Schicksal hadern,
wenn sie sich wegwirft ohne Würde,
nachlässig trägt die Daseinsbürde
und statt des Fingers gibt die hohle Hand –
mit dem Gesicht steht sie am End zur Wand!

©Constanze

Stadtgesicht (I): Abendstimmung in Bernkastel-Kues, siehe hier:
https://wolfregensconstanze.wordpress.com/2014/08/08/schatten-und-licht/

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Hier liegt er selbst begraben…

05 Montag Jun 2017

Posted by Wolfregen & Constanze in Dunkle Stimmen, Posse, Burleske, Wolfregens Winkel

≈ 6 Kommentare

Schlagwörter

Ballade, Dichtung, Friedhof, Gedicht, Gedichte, Grablege, Lyrik, Poesie, Satire, Schauergeschichte, Totengräber, Verse

Fritz von Wille: Kapelle im Mondschein (1912)

Auf Irrwegen

Der Totengräber Johann Feist,
Hier liegt er selbst begraben,
Im Irrenhause früh vergreist,
Starb er beim Überschnappen.

Den Spaten stach er zwanzig Jahr
In stumme Friedhofserde,
Bis ihm der Wahnwitz stieg ins Haar,
Dass er schon reich bald werde.

Die letzte Gräfin Gallenstein
War kinderlos gestorben,
In ihrer Gruft soll Schmuck noch sein,
Den niemand mehr erworben.

Ein Bild hängt noch im leeren Schloss,
Darauf ist sie zu sehen:
Ach, hätte er‘s gesehen bloß,
Nicht tät sich unterstehen…

So aber schlich er in der Nacht
Mit einem schweren Eisen
An ihre Grabtür unbedacht,
Wo Fledermäuse kreisen.

Die große Spinne sah er nicht,
Auch nicht die Eule fliegen,
Verschob der Platte Steingewicht
Und sah die Gräfin liegen.

Zwangsjacke, Knebel, Irrenhaus,
Er war nur noch am Brüllen:
Die krude Schatzsuche ist aus
Und seine Gier im Stillen.

In jedem Spiegel sah er sie,
Im Lichtschein jeder Kerze –
Die Totenruhe störe nie,
Sonst fasst dich solche Schwärze!

©Wolfregen

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„Ich sah ein fahles Pferd, drauf saß der Tod und die Hölle folgte ihm nach…“ (Offb 6,8)

02 Sonntag Apr 2017

Posted by Wolfregen & Constanze in Dunkle Stimmen, Memento mori, Wolfregens Winkel

≈ 11 Kommentare

Schlagwörter

Dichtung, Gedicht, Gedichte, Literatur, Lyrik, Nosferatu, Poesie, Prophezeiung, Ratten, Tod, Vergänglichkeit, Verse

Biblische Plage

Es naht ein ungeheures Heer an Ratten
Und ihre Zahl ist unvorstellbar groß,
Schon ganze Länder drückt ihr dunkler Schatten,
Denn unaufhaltsam rücken sie drauf los;
Sie mehren sich, indem sie rings sich gatten,
Der Wandernachbar sucht nicht lang den Schoß.

Von Sonnenaufgang bis zum Abendschimmer
Vorüberströmen sie, doch nicht vorbei,
Sie drängen sich in jedes Haus und Zimmer
Und fressen alles auf und wär’s aus Blei;
Man kann nicht sagen, es wird täglich schlimmer,
Es ist zu Ende, wo ihr Haupt auch sei.

Nichts hält sie auf, kein Graben, keine Mauer,
Sie türmen sich und klettern drüber weg,
Kein Hindernis ist da von langer Dauer
Und Widerstand erreicht nicht seinen Zweck…
Prophet, mich fasst ein heilig ernster Schauer,
Dein Bild ist furchtbar und den Tod ich schmeck!

Sie können hungern, frieren, lange darben,
Sich selber fressen sie, wenn’s nichts mehr gibt,
Und neue Ratten werden, wenn sie starben,
So viele, wie es ihnen nur beliebt;
Der Himmel dämmert schon in düstren Farben,
Der Mond ist’s, der sich vor die Sonne schiebt.

©Wolfregen

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Herzlich willkommen im Februar 2021!

Foto: ©Constanze

Neue Klänge…

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  • Auf Wanderschaft
  • Im Fluss zum Licht…
  • Die Stille, sie sucht sich ein Haus…
  • Selten sind liebende Seelen vereint…

Gedichte aus unserem Poesiezimmer in Buchform, hrsg. von:

  • Nicole Carina Fritz

Gedichte von Constanze bei:

  • SternenBlick

Verse bis zum Himmel...

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Wolfregens Winkel

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Wolfregen & Constanze

Wolfregen & Constanze

"Poesie ist wie ein Duft, der sich verflüchtigt und dabei in unserer Seele die Essenz der Schönheit zurücklässt." Jean Paul (1763-1825)

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