Schlagwörter
Dichtung, Gedicht, Gedichte, Karneval, Lyrik, Melancholie, Poesie, Tod, Venedig, Vergänglichkeit, Verse
Der dunkle Begleiter
Ihr Tanz ist ein freudiges Treiben,
Nur Lachen, Musik und Gesang,
An keinem der Orte ein Bleiben
Die Gassen und Ufer entlang;
In Larven, der ernsten Welt ledig,
Zieht lärmend das Volk durch Venedig.
Langsam, zwischen all den bunten,
Eine schwarze Maske geht,
Kurz nur, dann ist sie verschwunden,
Weiter drängt es sich und dreht.
Der Karneval legt seine Hände
Auf alle, macht Diener zu Herrn,
Um Mitternacht ist es zu Ende,
Das scheint jetzt noch unendlich fern;
Die Menge ein Schieben und Drücken,
Sie strömt über Plätze und Brücken.
Eine Gondel ohne Mieter
Fährt darunter stumm hinweg,
Nur die schwarze Maske wieder
Steht als Ruderer am Heck.
Der Abend naht plump, wär er prüde!
Es zieht dich ins Freie hinaus,
Das Herz ist verwundet und müde,
Die Stille, sie sucht sich ein Haus;
Wo ist, was wir suchen und lieben,
Und wo ist die Maske geblieben?
Kirchen, Opern, in Abteien
Keine Menschen, alles leer,
Vorne in den ersten Reihen
Sitzt sie, dreht sich zu dir her.
Im Ballsaal, dem cremeweiß barocken,
Schritt anmutig Nobilität,
Herabfallen Federn und Flocken,
San Marcos Uhr sagt: es ist spät;
Die letzten verlorenen Gäste
Erscheinen zum sterbenden Feste.
Im Orchester eine Geige,
Tiefer spielt sie und in Moll,
Die als schwarz maskierter Zeuge
Glück und Tod nur streifen soll.
Im alten Palazzo, den Zimmern,
Geht nachts eine Kerze umher,
Die weißbraunen Böden, sie schimmern,
Durch Fenster weht atmend das Meer;
Du siehst die Gemälde von Frauen,
Willst lang in die Spiegel hier schauen.
Aus dem Dunkel einer Ecke
Stumm die schwarze Maske tritt,
Von der hohen, bleichen Decke
Flüstert leise: nimm mich mit.
©Wolfregen