Schlagwörter
Abschied, Begräbnis, Brauchtum, Dichtung, Gedicht, Gedichte, Heimat, Leben, Lyrik, Poesie, Tod, Vergänglichkeit, Verse

Cristóbal Rojas: Erste und letzte Kommunion (1888)
Abschied in alter Zeit
Die Kerzen brannten wärmer,
Kein Spiegel offen hing,
Die weite Welt war ärmer,
Wenn jemand von uns ging.
Trat man ins Sterbezimmer,
Lag er/sie aufgebahrt,
Gebet, Gesang noch immer,
An Trost wurd nicht gespart.
Am Bett Fürbitten las man,
Davor die ganze Nacht
Nach altem Brauche saß man
Und hatte stumm gewacht.
Versehkreuz, Sakramente
Versahen ihren Dienst,
Geschlossen Aug und Hände,
Wie friedlich du erschienst.
Die Uhr, sonst feind dem Alten,
Den Todeszeitpunkt zeigt,
Man hat sie angehalten,
Sie schlägt nicht mehr, sie schweigt.
Die Totenglocke läutet
Erneut in einem fort,
Wen man hinausbegleitet,
Das weiß der ganze Ort.
Folgt alles ernst zum Grabe
In einem langen Zug
Mit einer Liebesgabe,
Den Sarg ein Wagen trug.
Der Pfarrer spricht den Psalter,
Laut die Gemeinde singt,
Es weint ein jedes Alter,
Uns niemand wiederbringt.
Die Sommer waren stiller,
Ein langer Werktag bloß,
Herr Jesus war Erfüller,
Der Tod, er war noch groß.
©Wolfregen
Lieber Wolfregen,
Du hast nichts ausgelassen in Deiner poetischen Betrachtung. Damals schien der Tod größer zu sein. Es war normal, sich mit den Leichen fotografieren zu lassen…für die Nachwelt. Ein wenig spooky.
♥liche Grüße
Gisela
LikeGefällt 1 Person
Liebe Gisela,
damals glaubte man auch an böse Geister und Wiedergänger, aber darum geht es mir nicht. Die Leute waren nicht besser oder schlechter als heute, sie waren in kulturelle Erwartungen eingebunden, denen sie folgten, das machte sie schön. Im Zeitalter der Egotripper mag das befremdlich klingen; wer aber exzentrisch ist, der sollte ein berechtigtes Privileg dazu haben („Quod licet Jovi, non licet bovi“).
Vielen Dank für den Kommentar, herzliche Grüße
Wolfregen
LikeGefällt 1 Person