Schlagwörter
Dichtung, Ewigkeit, Gedicht, Gedichte, Gondel, Lyrik, Meer, Poesie, Schönheit, Sehnsucht, Venedig, Verse

Wilhelm Kotarbiński: Venezianische Serenade (1881)
La bella Venezia
(frei nach Goethes „Mignon“)
Kennst du die Stadt, die sich im Meer erhebt?
Wo jedes Haus nach goldner Schönheit strebt,
Durch die sich schmal und breit Kanäle ziehn,
Der größte schlängelt sich voll Pracht dahin.
Kennst du sie wohl? – Zu ihr, zu ihr
Drängt hohe Macht mit Engelsernst in mir.
Kennst du die Kirche mit dem Kuppeldach?
Ihr Bild allein hält alle Sehnsucht wach,
Im Wasser leis treibt eine Gondel her,
Darauf steht groß ein schöner Gondolier.
Kennst du ihn wohl? – Mit ihm dahin
Möcht ich entlang morbider Gärten ziehn.
Kennst du die Brücke, ihren Bogenweg?
Weiß glänzt der Marmor auf dem Treppensteg,
Am Ufer ragt der Pfähle bunte Schar,
An jedem hängt ein Wunsch, der unsichtbar.
Rätst du ihn wohl? – So bind ihn los,
Hinübergleitet er auf dunklem Floß.
Kennst du den Platz? Es turteln Tauben drauf,
Laut schlägt die Uhr, sie fliegen flatternd auf
Hin zum Palast mit dem Arkadengang,
Du siehst die Säulen, dir wird weh und bang.
Kennst du sie nicht, die ferne Stadt?
Nie werd ich ihres welken Zaubers satt.
©Wolfregen
Wunderschön …
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Herzlichen Dank!
Wolfregen
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Ein eindrucksvolles Gedicht, lieber Wolfregen,
ich glaube, es spricht auch von Deinen Sehnsüchten und Träumen. Jeder Mensch hat wohl solch einen Sehnsuchtsort, der alles Alltägliche vergessen lässt. Bei Dir scheint es Venedig zu sein, mein Lieblingsort ist Weimar.
Tauchen wir noch ein wenig in die Vergangenheit ein, die uns nicht immer loslässt.
Liebe Grüße von Gisela
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Wie könnte die Vergangenheit, liebe Gisela, uns loslassen? Sie soll es auch gar nicht.
Venedig steht für all das, was einmal an kultureller Höhe erreicht war, erreicht war in Architektur, Musik, Malerei, aber auch an gesellschaftlicher Höhe insgesamt, dazu die einzigartige Lage, noch heute fahren keine Autos dort; mir geht es aber weniger um die Stadt heute, sondern um den kulturellen Verfall allgemein und die Trauer darüber; Venedig steht als Symbol für Leben und Tod, Schönheit und Untergang, eine moderne Stadt hat diese Poesie nicht…
Herzlichen Dank für den Kommentar und liebe Grüße
Wolfregen
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