Schlagwörter
Ball, Ballade, Barock, Dichtung, Gedicht, Gedichte, Lyrik, Poesie, Satire, Schloss, Tanz, Verse

William Hogarth: Der Ball (ca. 1745)
Un bal fatal
Erleuchtet ragt das Schloss empor,
Nachtschwarz sind die Fassaden,
Die Kutsche fährt durchs Eingangstor:
Zum Ball bin ich geladen;
Die breite Treppe geht’s hinauf,
Die Tür zum Tanzsaal tut sich auf,
Wo all die Gäste stehen,
Mit Argwohn sich besehen.
Hochedle Herren stehen da
In Samtrock und Perücken,
Komm ihnen lieber nicht zu nah:
Wie sich die Diener bücken!
Die knappen Worte folgen eng,
Sie wirken starr und blicken streng
Und scheinen wenig heiter,
Ich gehe besser weiter.
Noch garstger sehn die Frauen aus,
Sie wedeln mit den Fächern,
Die Bosheit schaut zum Aug heraus,
Ihr goldnes Tun wirkt blechern;
Und jede trägt ein langes Kleid,
Verbirgt darunter Peinlichkeit:
Furunkel, Flöhe, Glatzen,
Die ersten seh ich kratzen.
Dann kommt der Fürst, beginnt Musik,
Wie schön die Violinen!
Anmutig tanzen zu dem Stück,
Die eben hässlich schienen;
Reifröcke schwingen dicht an dicht,
Von hohen Spiegeln strahlt das Licht
Der angesteckten Kerzen
Und wärmt die kalten Herzen.
Die nächste Strophe fängt mich ein,
Lass mir es gern gefallen,
Wie schmeichelt doch der süße Schein,
So ähnlich geht es allen;
Greif eine Hand und lass sie los,
Der Wiederfassenswunsch ist groß,
Dreh mich zu einer neuen,
So geht es durch die Reihen.
Ob Gräfin oder Zofe nur,
Ich will es gar nicht wissen:
Dein roter Mund ist ganz Natur,
Ich wünschte ihn zu küssen!
Und stieg auch gern zu dir ins Bett,
So eng und prall ist dein Korsett,
Wie zärtlich deine Hände –
Gleich ist der Tanz zu Ende.
Da steht sie, sieht mich liebend an,
Kein totes Ungeheuer,
Senkt langsam ihren Fächer dann
Und lächelt stilles Feuer;
Was stolzen Herren hier nicht glückt,
Ich lächle auch und bin entzückt,
Sie hat, o schlimme Stunde –
Fast keinen Zahn im Munde…!
©Wolfregen
Ein erheiterndes Ballvergnügen. Die Dame hat wohl zuviele kandierte Veilchen geknabbert, wie die schöne Josephine Beauharnais, die Napoleon auch nur mit sorgsam bedeckenden Lippen angelächelt haben soll.
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Das mag schon sein mit den kandierten Veilchen, vielleicht waren’s ja auch zu viele Venusbrüstchen; interessant auch die Geschichte der Kaiserin…
als ihr Napoleon mitteilte, sich trennen zu wollen, fiel sie in Ohnmacht; als dieser sie dann zusammen mit dem Palastpräfekten in ihre Gemächer trug, flüsterte sie letzterem leise zu, sie nicht so fest zu drücken…
Herzliche Grüße
Wolfregen
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Heute könnte man sie als erhöht resilienzbegabt beschreiben können. 🙂
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Hoppala, da kann ein Können weg …
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Vielleicht auch als schauspielerisch begabt…
Noch einmal Grüße
Wolfregen
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Danke
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Herzlichen Dank für den Link…
Liebe Grüße
Wolfregen
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Ich habe zu danken.
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Gern geschehen…
Noch einmal Grüße
Wolfregen
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P.S. keinen Zahn im Munde hatte wohl „Sissy“…wir schweigen mal über sie, zwei tote Kinder sind „Strafe“ genug…
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Was ich nie verstehen werde:
Wie kann man dieser Frau mit einer Feile ins Herz stechen…?!
Biss hatte sie jedenfalls
Wolfregen
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Es geht nicht um den Menschen, sondern um die dahinter stehende Macht.
Welche Kaiserin liebte schon Heine…
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Ich glaube nicht, dass Heine dies getan hätte…
Wolfregen
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Ich auch nicht, aber sie hat ihn so gern gelesen…
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Der französische Adel las auch Rousseau
und kam doch auf die Guillotine…
Man sollte seine Feinde kennen
Wolfregen
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Diese Aussage nun ist schon ein neues Gedicht.
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Ich wollte nur wieder ins 18. Jahrhundert zurückführen…
Wolfregen
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Wunderbar gelungen.
Ich wünsche eine gute Nacht.
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Ebenfalls eine gute Nacht…
Wolfregen
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Und für die verehrte Constanze…
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Ich werde es ihr ausrichten…
Herzlichen Dank
Wolfregen
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*schmunzel* köstliches Poem mal wieder, lieber Wolfregen…
Liebe Grüße zur Nacht vom Lu
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Vielen Dank, lieber Lu,
das Satirische liege mir mehr, meint auch Constanze,
auch wenn ich das Ernsthafte mehr liebe…
Dir ebenfalls liebe Grüße
Wolfregen
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Die Mischung ist auch prächtig, lieber Wolfregen, so oder so mag ich deine Reime-Poeme 🙂
Liebe Adventszeitgrüße
vom Lu
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Meist kommt es ja auch irgendwie gemischt daher, lieber Lu.
Ich danke und wünsche Dir besinnliche Feiertage…
Herzliche Grüße
Wolfregen
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Genau, lieber Wolfregen, und das ist auch prima so …
Liebe Adventszeitgrüße vom Lu
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…sehr schöne Zeilen zum Schmunzeln!
Da fällt mir meine Reise zu den Schlössern der Loire ein
und seh, das was du beschrieben hast, vor mir.
Damals hatten sie sich nur gepudert nicht gewaschen und
wenn es juckte hatten die „feine Gesellschaft“ , kleine
Kratzhändchen. Brrr….mich fängt es schon an zu kribbeln…!
Wenn zum Ball geladen wurde, hat man den Saal mit Kräutern
und Farnen ausgelegt, damit sollte der Geruch überdeckt werden.
Da wird mir ganz komisch…puh!
Damals hatte der Schlossführer uns das so berichtet.
Liebe Grüße, Elke
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Genau an solche Szenen habe ich gedacht, als ich das Gedicht schrieb.
Herzlichen Dank für den Reisebericht und die Details, die Du schilderst.
Der Ausdruck „stinkreich“ kommt (wohl) daher; aber ich denke, die anderen Gesellschaftsschichten waren auch nicht säuberer…
Liebe Grüße
Wolfregen
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…das ist gut „stinkreich“, bin ich noch nicht
drauf gekommen…lächel!
Hab noch einen schönen Tag,
alles Liebe, Elke.
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Wunderbare Mischung, und der Rhythmus gefällt mir sehr!
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Danke, habe mich beim Strophenaufbau
an Bürgers „Lenore“ orientiert…
Herzliche Grüße
Wolfregen
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