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Ballade, böser Mann, Dichtung, Gedicht, Gedichte, Literatur, Lyrik, Plattenhardt, Poesie, Sage, Schnecken, Verse

©Kunsthistorisches Museum Wien, Quelle: commons.wikimedia.org
Der böse Mann im Schnecken
In Plattenhardt im Schnecken,
Da saß ein böser Mann,
Arm Dörfler, dünn wie Stecken,
Die bettelten ihn an.
Sie hätten nichts zu essen
Bei dieser Hungersnot,
Er lebe reich indessen,
Schon hülf ein Stückchen Brot.
Der ließ sie zu sich bringen,
Ließ alles decken frisch
Und sie in Helme zwingen,
Kaum saßen sie bei Tisch.
Schön braun von Feuers Hitze
Trug man das Mahl herein,
Sie sahen durch die Schlitze
Das Wildbret und den Wein.
Und konnten doch nichts kosten
Mit Helm und Stechvisier,
Den Hausherrn sahn sie prosten
Und saßen schweigend hier.
Was ist? Nicht gut befunden?!
Rief der voll Bosheit aus
Und ließ mit scharfen Hunden
Sie jagen aus dem Haus.
©Wolfregen
PS: Die Geschichte ist als „Sage vom bösen Mann im Schnecken“ von Martin Bürkle überliefert. „Schnecken“ meint im Schwäbischen Wendeltreppe, eine solche befindet sich noch heute in dem Haus und danach ist es benannt.
Ein gruseliges Gedicht…….
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Zum Glück nur eine Sage…
Wolfregen
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Grausame Geschichte, aber gut in Worte gefasst.
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Besser so als umgekehrt…
Herzlichen Dank
Wolfregen
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Ein wirklich schön gruseliges Gedicht. Und wer weiß wieviel Wahrheit darin steckt…
Ich habe mich davon mal zu einem Limerick inspirieren lassen, der die armen Leute ein wenig rächt. 😉
Es speiste ein Ritter in Plattenhardt,
Der schlug sich den Wanst voll bis satt er ward,
Er aß jeden Bissen
Ganz ohne Gewissen,
Doch nachts taten Ratten ein Attentat.
Mehr Limericks unter https://limerickreise.wordpress.com/
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Sehr schön und gelungen, Dein Limerick – „Er aß jeden Bissen / Ganz ohne Gewissen“, hervorragend…! Es freut mich, dass mein Gedicht dazu inspirieren konnte und lustige Verse entstanden, ich habe beim Lesen sehr gelacht.
Der „Schnecken“ sollte übrigens vor einigen Jahren abgerissen werden, aber er wurde davor bewahrt und eine Gaststätte mit gleichem Namen wurde darin eröffnet, vielleicht die richtige Antwort auf den „bösen Mann“, der früher einmal darin gewohnt haben soll…
Es ist eine von mehreren Sagen, die Martin Bürkle, ein Auswanderer nach Amerika, uns erhalten hat. Er schrieb sie vor über hundert Jahren auf. Als Kind habe ich sie in der Ortschronik von Plattenhardt gelesen.
Eine andere Sage: Im Nachbarort Bonlanden wohnte ein Ritter in der dortigen Burg (heute Pfarrhaus mit Burggraben), mit ihm sollte die Tochter einer Edelfrau (und Witwe) aus Plattenhardt verheiratet werden. Das Mädchen weigerte sich aber und floh nachts verzweifelt aus dem Haus. Am Morgen fand man sie tot auf einer Waldwiese, die heute noch „Mädeleswiese“ heißt. Die Witwe heiratete dann selbst den reichen Ritter und beide gönnten sich keinen Bissen. Er stürzte sie schließlich die Treppen hinunter und soff sich dann selbst zu Tode (bei seinem Ende bin ich mir allerdings nicht mehr ganz sicher, ob es so geschrieben stand…).
Herzliche Grüße und vielen Dank
Wolfregen
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Vielen Dank für diese zusätzlichen Infos. Das klingt wirklich sehr spannend. Ich dachte, das wäre schon immer ein Wirtshaus gewesen. Und hatte mir dann ausgemalt, dass es früher eine einfache Schenke war, mit dem Namen „Schenke“. Und über die Zeit und das Verdrehen von Buchstaben wurde dann „Schnecken“ daraus. Aber so wie du es schreibst, ist es toll, dass durch die erst vor Jahren eröffnete Lokalität das Gebäude gerettet wurde. Mit dieser Hintergrundgeschichte ist es genau der richtige Ort für ein Gasthaus. Hoffentlich bleibt es noch lange erhalten.
Über den Nachbarort Bonlanden bin ich glatt versucht auch noch einen Limerick zu stricken. *lach* 😉
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Ja, das wäre schön, auch zu Bonlanden einen Limerick zu schreiben…
Beide Orte verbindet eine Art „Hassliebe“ miteinander, wie das bei Nachbardörfern ja oft der Fall ist. Auf der Wacholderheide dazwischen traf sich die Dorfjugend früher, um die Rivalität (auch um die Mädchen) dann handfest auszutragen. Heute befindet sich dort die Filderklinik, ein anthroposophisches Krankenhaus (vielleicht auch das die richtige Antwort…).
Noch einmal Grüße
Wolfregen
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eine Sage herrlich in Worte verpackt. Diese Wortspielereien immer schelmisch fröhlich nachdenklich und so oft auch weise
ich mag sie so sehr !
als Kind las ich IMMER Wilhelm Busch . Auch so ein Spassvogel mit grauseligen Geschichten , ich fands gruselig toll.
Ich lasse Euch ein Lächeln hier und liebe Grüße
Christin ganz herzlich
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Liebe Christin,
herzlichen Dank für Deine wieder einmal so poetisch liebenswürdige Anerkennung, daran erkennt man den Adel, nicht nur im Herzen…
Wolfregen
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Wenn man fertig ist mit dem Lesen wünscht man sich wohl insgeheim, dass die Bosheit irgendwie auch gerächt würde, so gefangen nehmen einen die Worte. Aber wie das bei Sagen so ist, das Ende bleibt wohl eher offen…
Liebe Abendgrüße an Euch von
Marlis
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Die Sage geht tatsächlich noch weiter, den „bösen Mann im Schnecken“ ereilt der Fluch eines seiner Opfer…
Herzliche Grüße
Wolfregen
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