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Maria Christina von Österreich: Selbstbildnis

Maria Christina von Österreich: Selbstbildnis (1765)

Vom Geist aller Dinge

Der Geist spricht’s aus, woher er kam,
Er spricht aus allen Dingen
Und bringt die Seele wundersam
Zum Schweigen oder Klingen.

Man steht vor einem alten Bild
Und sieht die schönen Kleider –
Auch wenn man sie Verschwender schilt:
Was hatten die für Schneider!

Gepudert waren Haupt und Haar,
Gepflegt die feinen Hände,
Wie edel rings das Mobiliar,
Die Kostbarkeit spricht Bände.

Sie hörten himmlische Musik
Und tanzten dazu zierlich,
Die Kerzen brannten nur ein Stück,
Das Dunkel war natürlich.

Das Leben ein Geheimnis blieb,
Mit Gulden oder Groschen
Bezahlte man, was einem lieb,
Denn bald schon war’s erloschen.

Ins Kleinste wurde Kunst gelegt
Und waren’s Alltagssachen,
Der Liebesbrief ein Schleifchen trägt –
Wir werden, was wir machen…

Was hat man heut für Lumpen an,
Kaum kann man’s Kleidung nennen,
Bald werden Action-Frau und Mann
In Weltraumhosen rennen.

Wer reich war, trug, wie glänzt das schön,
Ein Goldstück in der Tasche,
Heut kann man höchstens Zahlen sehn:
Aus Feuer wurde Asche.

An Wänden hängt, die Wohnung leer,
Abstrakter Kitsch mit Delle,
Wer weiter ist, braucht gar nichts mehr,
Dem reicht das Virtuelle.

Verlässt man irgendwann das Haus,
Dann grüßt nur noch Moderne,
Ihr grelles Licht geht nicht mehr aus,
Verschwunden sind die Sterne…

©Wolfregen